„Politik ist Wettbewerb der besten Ideen“
Christian Dürr (FDP) ist Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Bevor er in das Parlament kam, war er im Landtag tätig. Er ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP. Hat er deswegen andere Aufgaben? Im Interview erzählt er darüber.
ABER HALLO: Wann und warum haben Sie sich dazu entschieden in die Politik einzusteigen?
Christian Dürr: Es war nicht dieser eine Tag, an dem ich mich dazu entschlossen habe, das berufsmäßig zu machen. Kurz vor meiner Abizeit wurde ich von einem Freund angesprochen, ob ich mal zu den Jungen Liberalen mitkommen möchte. Anfangs war ich jedoch ein bisschen skeptisch. Als ich dann dort war, habe ich gemerkt, dass mir das Diskutieren total liegt. Dann habe ich mich dazu entschlossen, Politik ehrenamtlich zu machen, später auch im Landesvorstand der FDP. Generell waren es viele Zufälle und Interesse an der Politik.
ABER HALLO: Sie sind seit 2017 Abgeordneter: Was war bisher die schwierigste Situation?
Christian Dürr: Seit meiner Bundestagszeit ist es definitiv die Corona-Krise. Besonders, weil ich Haushalts- und Finanzpolitiker bin. Dadurch merke ich, wie stark die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind. Ohne Zweifel ist das die herausforderndste Situation. Obwohl es weniger Präsenzsitzungen gibt, ist es bisher alles andere als langweilig. Wir müssen viel mehr miteinander kommunizieren, was der richtige Weg ist.
ABER HALLO: Sicherlich gibt es auch viele schöne Momente. Gibt es etwas, an das Sie sich besonders gerne zurückerinnern?
Christian Dürr: An eine Situation im Bundestag, Januar 2018, erinnere ich mich sehr gerne zurück. Dort hat Anita Lasker-Wallfisch über Antisemitismus gesprochen, auch über ihre persönliche Erfahrung. Das war absolut beeindruckend, wie eine Holocaust-Überlebende, die unter Deutschen gelitten hat, im Deutschen Bundestag geredet hat. Das hat mich tief bewegt und dadurch denke ich gerne an ihre Worte zurück.
ABER HALLO: Was liegt Ihnen am meisten am Herzen in der Politik?
Herzensanliegen
Christian Dürr: Politik, Demokratie und Parlamentarismus sind die Auseinandersetzung und der Wettbewerb der besten Ideen. Es gibt unterschiedliche Meinungen, die auch streitig ausgetragen werden. Ich weiß, dass einige sagen: „Politiker sollten sich zusammensetzen und das Beste tun.“ Aber es gibt nicht „das Beste“, sonst bräuchte man auch keine Demokratie oder Wahlen. Es gibt verschiedene Meinungen darüber. Mir liegt am Herzen, dass dieser Austausch stattfindet. Und das wir ihn als Politiker, als diejenigen, die das im Bundestag und Landtag beruflich machen, den Austausch so spannend machen, dass sich Menschen dafür interessieren. Dass die Unterschiedlichkeit, der Pluralismus der Meinung deutlich wird, das ist ein Herzensanliegen von mir.
ABER HALLO: Wie könnte man mehr Jugendliche für politische Themen begeistern?
Christian Dürr: Indem man ihnen viel deutlich macht, wie sehr die Entscheidung der Politik von heute ihre Zukunft beeinflusst. Ein Beispiel: Deutschland ist nach Japan das zweitälteste Land der Welt. Das heißt, der demographische Wandel betrifft insbesondere unsere junge Generation. Wenn die „Baby-Boomer“ in Rente gehen, gehen 1,4 Millionen Menschen in den Ruhestand. Dann soll eine Gruppe, die nur halb so groß ist, in das Berufsleben eintreten. Das zeigt die Dramatik des demographischen Wandels in Deutschland. Das betrifft daher besonders die jungen Menschen.
ABER HALLO: Sind Schulen aktuell gut ausgestattet was die Digitalisierung betrifft? Besonders in unserem Landkreis.
Bürokratie sorgt für Digitalisierungsdesaster
Christian Dürr: Die Schulen sind unterschiedlich ausgestattet. Wir haben 5 Milliarden Euro, die der Bund für die Digitalisierung von Schulen zur Verfügung stellt. Davon ist 1% überhaupt abgeflossen. Heißt: 99% sind gar nicht angekommen. Das ist aber nicht die Schuld der Schulen, sondern der Bürokratie. Es gibt eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, die es kompliziert macht. Das macht mich auch total rasend, weil ich der Überzeugung bin, dass unsere Schulen die Vorreiter der Digitalisierung sein sollten. Auch in meinem privaten Umfeld stelle ich fest, dass Home-Office und Home-Schooling nicht gut zusammenpassen. Da müssen wir zu anderen Regeln kommen, damit Schulen das Geld einfach abrufen und sofort einsetzen können. Zurzeit führt die Bürokratie dazu, dass das Geld nicht bei den Schulen ankommt. Das ist ein Desaster!
ABER HALLO: Sie sind stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP. Haben Sie bestimmte Verpflichtungen in diesem Amt?
Christian Dürr: Ich bin verantwortlich für die gesamte Haushalts- und Steuerpolitik der FDP- Bundestagsfraktion. Jeder Stellvertreter des Fraktionsvorsitzenden hat einen Aufgabenbereich. Vielleicht habe ich auch mehr Sitzungen, weil ich auch Mitglied des Fraktionsvorstands bin. Dadurch bin ich aber auch nicht wichtiger, sondern habe nur andere Aufgaben und das macht mir auch sehr Spaß.
| Interview: Sandra Eilers, Kl. 9b |
| Bild: Tobias Koch |